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Neulich ließ sich der Erzähler zur Betrachtung einer Videodokumentation über „Kinder mit unglaublichen Fähigkeiten“ auf dem Qualitätskanal „Verborgene GeheimnisseTV“ verföhren. Natürlich war ihm schon im Vorneherein klar, es hier mit Schund für die Allerärmsten zu tun zu haben, das sagt ja schon der Name des Kanals. Aber Müßiggang ist nun mal aller Laster Anfang.
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Inhaltlich ging es zunächst um eine schwedische Forscherin, die sich mit dem Stamm der Moken in Thailand befaßte. Jenes Volk hätte einen praktisch amphibisch-maritimen Lebensstil adaptiert und die Anpassung mache sich vor allem im Sehvermögen unter Wasser bemerkbar. Dieses sei bei den Kindern der Moken doppelt so gut wie bei einer Vergleichsgruppe aus europäischen Kindern. Die Anpassung des Auges wäre von der Art, wie man sie etwa auch bei Robben oder Delphinen vorfände. Wobei die Frage aufkommt, warum dabei nur von den Kindern die Rede ist – verliert sich diese Fähigkeit etwa mit dem Erwachsenwerden? Doch schon geht es weiter mit der Story von Tippi Degré, einer größtenteils im südlichen Afrika aufgewachsenen Tochter französischer Eltern. Letztere wären dort freiberuflich der Natur- und Tierfotographie nachgegangen und die kleine Tippi habe mehr oder weniger engen Umgang mit mehr oder weniger wilden Tieren gehabt, die sich ihr gegenüber stets lammfromm verhalten haben sollen, da das Mädchen ihre Sprache verstanden und mit ihnen kommuniziert habe. Tippis Eltern veröffentlichten einen Bildband mit „dokumentarischen“ Aufnahmen, in dem sie die Vierjährige mitsamt ihren angeblichen tierischen Freunden (darunter ihr Lieblingsreitelefant „Abu“, ein lieber Leopard, der, wie die Recherche des DE ergab, leider später „eingesperrt“ worden wäre, nachdem er einen Menschen angegriffen habe, ein Nilkrokodil, das scheinbar die Kleine geduldig auf dem Rücken rumspazieren läßt…) Mogli-like inszenierten. Als es zurück nach Paris ging, habe man festgestellt, daß Tippi ihrer magische Gabe, mit Tieren zu kommunizieren, verlustig gegangen sei: Egal ob Haustiere, Nutzvieh, Stadttauben – nix ging mehr ohne die „Magie Afrikas“.
Des weiteren noch eine Story über eine hübsche Blonde mit der angeblich magischen Gabe, schon im ganz zarten Alter ganz furchtbare Kitschbilder von Kitschlandschaften, Kitschpferden, bartstoppligen Kitschmärchenprinzen zu verbrechen und eine über einen chinesischen Jungen mit blauen Augen und der Gabe, aufgrund einer Genmutation im Dunkeln katzengleich sehen zu können, naja.
Insgesamt also so ziemlich das, was man von so einem Kanal zu erwarten hat, auch wenn der Erzähler sich etwas mehr paranormalen Stoff zur ungepflegten Unterhaltung erhofft hatte. Nicht nur „Unglaublich“ sondern wirklich irreal dünkte allerdings etwas, was ihm gleich am Anfang, bei den amphibischen Moken-Kindern, aufgefallen war, jedoch mit diesen direkt überhaupt nichts zu tun hatte: Die gruselige Grobverpixelung der Kinderkörper (alle Bilder Screenshots aus obigem Video)!
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Bei sämtlichen Bildern von den sich am, im und unter Wasser bewegenden Kindern, überwiegend Jungs und diese nicht völlig nackt, sondern mit textil umhülltem Intimbereich, ist jeweils der komplette Rumpf grob verpixelt! Klar, sonst könnte das ja in unserer freien, bunten Regenbogenwelt unter neoprüdem US-Diktat schon als Kinderpornographie durchgehen! Schrecklich allein die Vorstellung, irgendein „Predator“ finde den Anblick der FAST NACKTEN Kinderkörper irgendwie stimulierend – man hätte allerdings auch an gewisse Fetischisten denken und die Füße gleichfalls vergrobpixeln können, oder, am besten, KINDER RAUS AUS DEM INTERNET! Spaß beiseite: Wie krank, wie derangiert muß eine Gesellschaft sein, in der derartige Normen aufgestellt werden?
Was die süßlich-verlogene Geschichte über die kleine Tippi betrifft, so hat man hier keine Grobpixel benötigt. Der Erzähler erinnert zwar, daß es von ihr auch Fotos gab, in der sie ebenfalls FAST NACKT posierte und mit dem dicken Elefantenrüssel rumspielte. Die Eltern hatten dazu aber wohl immer auch „cleane“ Varianten angefertigt, wo die kleine Tippi dann in größtenteils körperverhüllenden Lumpen oder westlicher Kleidung rumtollte, wie es in obigem Video zu sehen ist. Daß Mann in Zeiten wie diesen die nackigeren Bildchen, so wie man sie z.B. hier findet, lieber nicht bringt, spricht wiederum für sich. Bei seiner kurzen, durch das Video angeregten Recherche nach Tippi-Bildern stieß der Erzzähler gar auf Seiten, die dafür eine „Age-Verification“ verlangen! Wie pervers ist das denn?
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Wikipedia weiß über Tippi und ihre Eltern folgendes:
Degrés Eltern Sylvie Robert und Alain Degré gingen in den 1980er Jahren nach Afrika, um dort als freischaffende Naturfotografen zu arbeiten, mit Spezialisierung auf das Leben der Erdmännchen, mit denen sie einige Zeit „zusammen lebten“. Schon als Degré wenige Monate alt war, nahmen die Eltern sie mit auf Fotosafari und dokumentierten das Zusammentreffen ihrer Tochter mit afrikanischen Tieren fotografisch. Degré wuchs in engem Kontakt mit den Kindern der San auf, deren Sprache und Überlebenstechniken sie erlernte. Darüber hinaus lebte sie in engem Kontakt mit mehreren Tieren, darunter einem Elefanten, einem Leoparden, einem Löwen, einem Pavian und einem Strauß.[1]
Degré sagt von sich selbst, dass sie mit den Tieren kommunizieren könne.
Den größten Teil ihrer Kindheit verbrachte Degré in Namibia, Botswana, Simbabwe, und dann auch in Madagaskar. Teilweise besuchte sie die Schule in Paris, später wurde sie auf den Reisen im Fernunterricht von ihrer Mutter oder Privatlehrern unterrichtet.
Heute lebt sie in Paris und studiert an der Universität Paris III – Sorbonne Nouvelle Filmwissenschaften. Sie war an einer Serie von sechs Dokumentationen über Afrika des Discovery Channel beteiligt.[2] Degrés Buch Tippi aus Afrika erreichte auf der Jahresbestsellerliste 2001 des Nachrichtenmagazins Der Spiegel Platz 17.[3]
Alles klar. Erdmännchen sind zwar niedlich, aber mit einer Mogli-Göre, die schon als Vierjährige beim Elefanten-, Leoparden und Löwenbabyflüstern brilliert, kann man dann doch besser absahnen! Naja, ist ja was aus ihr geworden. Aber diese Froschfresser. Irgendwie fällt einem da doch gleich der Sympath Jaques Custeau ein, der zwar als Filmer sowie Erfinder und Tüftler in Punkto Unterwasserfahrzeuge etc. durchaus begabt und innovativ war, allerdings leider auch des Fakens und der Tierquälerei überführt wurde.
Tippi wuchs zwar offensichtlich im recht nahen Kontakt zur afrikanischen Fauna auf. Die Tiere aber, mit denen sie auf den Bildern nahen Umgang pflegt, sind entweder relativ harmlos, zahm, sediert oder TOT:
Abgesehen davon, daß noch nicht einmal der selige STEVE IRVIN seine kleine Tochter auf dem Rücken eines lebendigen NILKROKODILS hätte rumspazieren lassen, ist das Reptil hier augenscheinlich tot und wurde entsprechend auf dem Felsen drapiert. Mann kann nicht zwingend folgern, daß das Krokodil jetzt getötet wurde, um die kleine Tippi drauf posieren zu lassen. In Afrika werden aus diversen Gründen immer wieder mal Krokodile geschossen (etwa von Jagdreisenden als Trophäe oder weil sie als Menschenfresser in Erscheinung getreten sind etc.) und Tippis Eltern haben eine sich bietende Gelegenheit für eine weitere Moglimädchen-Inszenierung genutzt. Wobei es natürlich nicht ohne Risiko ist, ein Kind mit Elefanten, Leoparden, Geparden (die Raubtiere allerdings auch nicht voll ausgewachsen) usw. rumalbern zu lassen. Auch ein Erdmännchen kann sicherlich fies zubeißen. Irgendwie doch auch schon Mißbrauch und Ausbeutung, sowas? Aber was solls. Es hat ihr nicht geschadet und eine gewisse Aufschneiderei war immer, so wie auch die Leichtgläubigkeit der Menschen bei entsprechender Suggestion, die den Bedarf nach süßlichem Kitsch und Harmoniephantasien bedient.
Monströser ist da schon die krebsig wuchernd grassierende Neoprüderie, ihre Grobpixel und sonstige Verschleierungen!
Bearbeitete Version von einer arabischsprachigen Seite:
Fast das Original (Nippelzensur DE):
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